Kunstausstellung
13. Juli bis 20. Oktober 2023
verlängert bis 5. November 2023
Volkshochschule
Landkreis Gießen
Kreuzweg 33
35423 Lich
Vernissage: 13. Juli, 19:00 Uhr
„Wo beginnen Menschenrechte? In kleinen Orten, ganz in der Nähe - so nah und so klein, dass die Orte auf keiner Landkarte der Welt gesehen werden können. Dennoch bedeuten sie die Welt für jede einzelne Person: die Nachbarschaft, in der wir leben; die Schule oder Hochschule, die wir besuchen; die Fabrik, der Bauernhof oder das Büro, wo wir arbeiten.“
Eleanor Roosevelt
Adresse und Öffnungszeiten:
Volkshochschule Landkreis Gießen
Kreuzweg 33, 35423 Lich
Tel: 0641 / 9390-5700 Fax: 0641 / 9390-5740
Internet: www.vhs-kreis-giessen.de
E-Mail: kvhs.giessen@lkgi.de
>> Download Flyer zur Ausstellung
Die Ausstellung ist werktags ab 9:00 Uhr und während der Kurszeiten (i.d.R. 20:00 Uhr abends) zu besichtigen. Auch an Wochenenden besteht die Möglichkeit zur Besichtigung, hier bitten wir um vorherige Anmeldung. Vom 31. 7. bis zum 25. 8. ist das vhs-Haus Lich geschlossen.
Die Termine für das Begleitprogramm zur Kunstausstellung zum Thema Menschenrechte finden sie unter: www.vhs-kreis-giessen.de
Irene Peil
"Every Life matters"
2023, Höhe: Raumhöhe, Breite: 140 cm, Tiefe: ca. 150 cm,
Handdruck auf Leinen, 2 Skulpturen aus Holz
Jedes Leben hat Gewicht und zählt, deshalb geht das Thema "Menschenrechte" uns alle an.
Wie gehen wir miteinander um? Wie reden und denken wir über Kulturen und Lebensweisen – in unserer Stadt oder sogar Nachbarschaft – die uns fremd sind?
Begegnen wir anderen Menschen auf Augenhöhe und wertschätzend oder herablassend?
Es ist unsere Entscheidung, welche Grundhaltung wir einnehmen, wie wir andere Menschen
sehen und wie wir Beziehungen gestalten.
"Ich höre dich von armen Schweinen reden statt von Menschenleben, und ich frage mich,
was Mensch für dich ist.“
aus: Christina Lux, Was zählt für dich?
Christa Flick
"Auf der Flucht"
500 x 700 mm, Eitempera auf Papier
traumatisiert überfordert belastet
ausgeliefert
angewiesen auf Mitmenschlichkeit
"In Scherben"
Weltweit ist Leben bedroht.
Noch nie waren so viele Menschen wegen Verfolgung, Krieg, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und den Folgen des Klimawandels auf der Flucht. Seit Anfang 2023 ist die Zahl der Flüchtenden auf rund 110 Millionen gestiegen.
Die Weltgemeinschaft steht vor einer immensen Herausforderung. Überall wuchern Rassismus und Nationalismus. Die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlinge ist auch in Deutschland wieder stark angestiegen. Der Großteil der Taten ist rechtsradikal motiviert. Hass breitet sich aus, Menschen werden diskriminiert, Asylbewerberunterkünfte werden in Brand gesteckt. Ständig wird Leben neu traumatisiert, Würde beschädigt und Hoffnungen gehen zu Bruch. Übrig bleiben „Scherben“ - spitz, scharfkantig, verletzend, gefährlich. Es ist eine ständige Baustelle, die gesichert und aufgearbeitet werden muss.
Die Installation zeigt einen Scherbenhaufen.
Auf den Glasfragmenten sind in Rauchspuren und Ruß Teile von Gesichtern und Körpern zu sehen. In einigen Splittern sieht sich der Betrachtende möglicherweise selber gespiegelt. Dadurch kann ein Prozess des Sehens in Gang kommen:
Ein Mensch ist wie der andere - gleich an Würde und Recht auf Leben.
Es braucht ein verantwortungsvolles Miteinander.
Sigrun Bennemann
"Masha Amini"
Masha Amini war eine 22-jährige Kurdin. Ihr eigentlicher kurdischer Name lautete Jina oder Zhina, das bedeutet „Leben“.
Im Iran werden Kurden gezwungen, ihren Namen in ihrer Sprache abzulegen, so dass ihr offizieller Name „Masha“ lautete. Von der iranischen Sittenpolizei wurde sie am 13.09.2022 in Teheran aufgegriffen, weil sie angeblich ihre Haare nicht züchtig genug verdeckt hatte. Sie starb am 16.09.2022 in der Haft einen gewaltsamen Tod.
Die Grafik ist eine Darstellung von Jina Amini.
"Vermummt"
Aber nicht nur im Iran erfahren Frauen gewaltsame Unterdrückung, sondern auch in Europa werden Frauen Opfer von sexualisierten, körperlichen und psychischen Gewalthandlungen.
Den perfiden Machtvorstellungen entspricht es, dass die Opfer-Täterrolle verdreht wird und Frauen angeblich durch ihre Kleidung sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung provozieren. Diese Lüge ist längst widerlegt, sie steht aber immer noch im Hintergrund der Verhüllung der Frauen durch unterdrückende Kleiderordnungen. „Vermummt“ stellt eine Persiflage dieser Zusammenhänge dar.
Wennemar Rustige
"Der Klerus liebt"
Tusche auf Papier, 2016
Die Arbeit „Der Klerus liebt“ thematisiert und kritisiert durch die phallusartigen Kopfbedeckungen einerseits das patriarchalische System der Katholischen Kirche und andererseits auch die Missbrauchsfälle. Als schwuler Mann, mit einer katholischen Sozialisation, habe ich schon oft darüber nachgedacht, dem System der Katholischen Kirche den Rücken zuzukehren.
Meine Erfahrung zeigt aber auch, dass es viele Menschen in der Katholischen Kirche gibt, die den christlichen Auftrag, Liebe zu leben, ernst nehmen und in ihrem Leben ein hohes soziales Engagement zeigen.
Und es gibt immer mehr katholische Priester, die die Liebe von gleichgeschlechtlichen Paaren, genauso wertschätzen, wie die zwischen zwei heterosexuellen Menschen. Deshalb will ich die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass auch in dem starren System der Katholischen Kirche Wandlung möglich ist und gerade die Menschen, die Liebe vorbehaltlos leben, immer mehr an Einfluss gewinnen.
"Keine Berührung"
Mischtechnik, 2023
Die Arbeit „Keine Berührung“ nimmt Bezug auf eine Äußerung des Papstes Benedikt, zur Zeit als er noch als Kardinal Ratzinger in Bayern tätig war. Im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen in seinem Zuständigkeitsbereich äußerte er, den auf der Arbeit zu lesenden Satz: "Die Tathandlungen bestanden jeweils im Entblößen des eigenen Geschlechtsteils vor vorpubertären Mädchen und in der Vornahme von Masturbationsbewegungen, (...) auch im Zeigen pornographischen Materials. In keinem der Fälle kam es zu einer Berührung." Es ist erschreckend wie kirchliche Würdenträger Fälle von Missbrauch „klein reden“.
"Border-Lines I-III"
Digitaldrucke in Leuchtkästen
Die drei Leuchtkästen zeigen Flüchtlinge, welche durch ein Nachtsichtgerät – zum Teil mit Fadenkreuz – geortet werden. Die Arbeit nimmt Stellung zu der dramatischen Situation der Flüchtlinge an den Außengrenzen Europas im Jahr 2016 und heute. Während einige deutsche Politiker*innen das Problem mit Obergrenzen „lösen“ wollten, schlossen andere selbst Erschießungen nicht aus. Die Arbeit thematisiert damit, welche rigorosen und unmenschlichen Vorgehensweisen manche Politiker in Betracht ziehen, um, z.T. traumatisierte und vom Krieg oder langer Flucht gezeichnete Menschen an der Grenze fernzuhalten.
"I can not breathe"
Acryl auf Müllsack, 2021
Hass und Gewalt haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Gerade Minderheiten, wie "People of Colour", Mitglieder der "LGBTIQ"-Community aber auch Frauen werden Opfer brutalster Gewalt. Sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen aber auch Männern wird als Strategie in militärischen Konflikten eingesetzt.
Nach Aussage vieler ukrainischer Opfer organisieren zum Beispiel russische Kommandanten Vergewaltigungen durch ihre Soldaten, sagt die Forscherin zu sexueller Gewalt im Krieg, Marta Havryshko (vgl. www.tagesschau.de, 24.2.23 „Es ist eine Kriegswaffe“). Und der Tod von Tyre Nichols und George Floyd sind nur zwei Beispiele von brutalster Polizeigewalt gegenüber Schwarzen.
Gerda Waha
"billig - willig - flink"
2003, Tuschezeichnungen auf Pappe, L 310 cm x H 21 cm
Die Zeichnungen entstanden 2003, nach einer Reise durch Indien. Ich hatte mich mit dem Thema vom Verschwinden der Kindheit beschäftigt. Zwischen 2003 und jetzt hat sich nichts an der Kinderarbeit geändert. Es nimmt sogar wieder erschreckend zu. Das Argument: „wir haben früher auch unseren Eltern geholfen“ z.B. Geschäftspost frankieren, am Feld bei der Ernte helfen, den Stall reinigen usw.. Das ist nicht vergleichbar! Aber wir konnten und mussten zur Schule gehen!
Diese Kinder hier, tragen die Verantwortung die Familie mit zu ernähren und sie arbeiten bis zu 14 Stunden täglich. Wir sind in der Pflicht zu schauen, woher der Teppich, die Kleidung usw. kommen. Solange wir von den Billigwaren profitieren, solange tragen wir dazu bei, dass für die Familien in diesem Teil der Welt Niedriglöhne bleiben, dass es keine medizinische Versorgung gibt und eine Schulbildung unmöglich ist.
"einer dieser Steine ..." - 2015
Steine versperren den Weg. Auf den ersten Blick wahllos zusammengetragene Straßenpflastersteine zwingen uns innezuhalten. Bei näherer Betrachtung sieht man die Gesichter erschöpfter Kinder zwischen den anderen grauen, gesichtslosen Steinen, sie erzählen die Geschichte einer verlorenen Kindheit. Straßenkinder und arbeitende Kinder, haben mit den grauen Straßenpflastersteinen mehr gemeinsam als der erste Blick vielleicht vermuten lässt. Genau wie diese ebnen Sie anderen Menschen den Weg. Allzu oft kommen sie selbst dabei unter die Räder. Steine helfen, denn über Steine stolpern, lässt uns innehalten, näher hinschauen - so werden die Pflastersteine ihrer Anonymität enthoben.
Für die Ausstellung „Helfen Steine?“ habe ich mein altes Projekt „Vom Verschwinden der Kindheit“ wieder aufgenommen und um das Thema der Inklusion erweitert. Die Steine dienen dabei nicht nur als Stolpersteine, sie ermöglichen auch jedem Betrachter die Möglichkeit der direkten Hilfe. 80% des Erlöses aus dem Verkauf der einzelnen Steine (je 25 Euro) geht nach der Ausstellung als gebundene Spende an Xertifix. Diese Organisation setzt sich seit Jahren gegen Kinderarbeit ein und hat dieses Projekt mit eigenem Bildmaterial unterstützt. Stolpern, innehalten, hinschauen, reflektieren und ins eigene Leben mitnehmen –
... kann helfen.
hautnah"
Installation: 3 alte Frauenunterhemden, bedruckt mit (Folterprotokoll der „ Hexe“ Catharina Lips, 10 Ländern, in denen es Frauen am schlechtesten geht und Allgemeines Menschenrecht, Präambel 1. und 16. Artikel. Ständer aus Eisen. Je 146 cm Höhe, Umfang 40 cm. Diffamierung, Verfolgung, Folter und Ermordung quer durch alle Schichten, haben nicht nur Frauen getroffen, jedoch sind ihr prägnant mehr Frauen als Männer zum Opfer gefallen.
Meine Arbeit ist eine Erinnerung daran, dass Frauen auch heute noch benachteiligt werden. Die von mir bewusst ausgesuchten alten Frauenunterhemden zeigen, wie „hautnah“ diese Erfahrungen sind und gleichzeitig wie dünn die (Schutz-) Schicht von vielen Frauen weltweit ist.
Auch die allgemeinen Menschenrechte scheinen den Schutz nicht zu verstärken. Gewalt gegen Frauen ist weiterhin ein Phänomen, das uns täglich begegnet. Diese Werke sind ein Appell, insbesondere an Frauen, sich zu solidarisieren und gemeinsam gegen Gewalt und Ungleichheit zu streiten. Denn wie kommt es, dass Männer sich schon in der Antike politisch organisiert haben, um ihre Rechte und Ansprüche zu vertreten und durchzusetzen. Und Frauen dies erst Anfang des 20. Jahrhunderts gelang?!
"fast normal"
- 2019" Installation mit Zeichnungen
Soziale Brennpunkte, die Unterschiede und der Austausch mit fremden Kulturen sind die Schwerpunkte meiner Arbeit. Wenn ich von sozialer Ungerechtigkeit und Chancenlosigkeit weiß, fühle ich mich verantwortlich mit meinen Mitteln dagegen anzugehen. Brandaktuelle Themen wie Flucht, Krieg, Rechtsextremismus und Plastikmüll, werden in dieser Arbeit aufgegriffen und in den Fokus gesetzt.
Scheinbar weit entfernt und nur ausschnittsweise werden Lebenssituationen sichtbar, die uns in unserem Alltag schon „fast normal“ erscheinen. Die Schießscheiben spiegeln gezielt sowohl den Beobachterposten und somit die Distanz, die viele von uns einnehmen, als auch die Macht, die unsere Handlungen haben, denn wir sind am (Ab-) Zug.
Thomas Wörsdörfer
"The eyes of war"
Installation mit sechs KOHLEZEICHNUNGEN nach Fotografien von Martin Roemers
Krieg ist die größte Menschenrechtsverletzung. Auch 78 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg prägen Kriege weite Teile der Welt. Wir hier in Deutschland leben momentan in einem Zeit-Fenster des Friedens; und dennoch: im Zeitalter der Globalisierung betrifft uns jeder Krieg, der irgendwo auf der Welt stattfindet. Schutz suchende Menschen mit Recht auf Asyl, Lieferengpässe von Rohstoffe / Waren und Inflationen sind zu bewältigen.
Mich als Künstler interessiert das individuelle Schicksal, die Authentizität des direkt betroffenen Menschen. Insofern war ich von den Fotografien von Martin Roemers, die ich in seinem Bildband vorfand, sehr beeindruckt. So sehr, dass ich mich entschloss, mich über das Zeichnen der jeweils fotografierten Persönlichkeit zu nähern.
Da ich sehr detailliert zeichne dauerte der Schaffensprozess ca. 3 Monate und mir war früh klar, dass ich über die Zeichnungen hinausgehen wollte und mit einer Installation gegen den Krieg "anschreien" wollte. Krieg ist nie zu Ende. Wenn er denn einmal angefangen hat, hinterlässt er Spuren bis in die nächste Generation.
Die weißen Gänsefedern in den Gläsern sollen aber auch symbolisch ein Stück Hoffnung vermitteln, denn Gänse sind sehr wachsame Tiere. Auch wir sollten wachsam sein, dass sich die Geschichte nicht wieder wiederholt.
Die Kohlezeichnung des Porträts - Mitte unten - während der Entstehung. Oberer Gesichtsteil bereits fertig. Unten die ausgedruckte Zeichenvorlage mit Zeichenutensilien.
"Das Rad der Erinnerung"
Installation
Obgleich Sinti und Roma in vielen Regionen seit Generationen ansässig sind, ist der jahrhundertealte Mythos vom „Wandervolk“ bis heute lebendig. Der Begriff „Zigeuner“ ist eine von Vorurteilen und Klischees geprägte Bezeichnung. Sie wird von den meisten Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt.
Der nationalsozialistische Staat grenzte Sinti und Roma schrittweise aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens aus und beraubte sie ihrer Rechte. Sie wurden als Arbeitssklaven für SS-eigene Unternehmen missbraucht. Hunger, Kälte, Krankheiten und brutale Misshandlungen bestimmten ihren Alltag in den Lagern. Zahlreiche Menschen fielen Exekutionskommandos zum Opfer. Das Netz der Konzentrationslager, Erschießungsstätten und Massengräber zog sich über ganz Europa.
Als Himmler im Frühjahr 1945 den Befehl gab, die Konzentrationslager zu räumen, kamen weitere Sinti und Roma auf den so genannten „Todesmärschen“ um. Andere starben bald nach ihrer Befreiung an den Folgen der KZ-Haft. Nach Schätzungen fielen 500.000 Sinti und Roma der systematischen Vernichtung zum Opfer.
Das Rad der Erinnerung dreht sich hoffentlich immer weiter, so dass aus der Asche der Vergangenheit das Gold für die Zukunft wird.
Anna Mettbach,
geborene Kreuz, ist 1926 in Ulfa bei Nidda geboren.
Sie steht in meinem Werk stellvertretend für alle Sinti und Roma, die Opfer des Rassenwahns der Nationalsozialisten wurden.
Mit 16 Jahren wurde sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie die Massenvernichtung in den Gaskammern aus nächster Nähe miterlebte. Von der SS als "arbeitsfähig" selektiert, kam sie Anfang August 1944 auf einen Transport in das Konzentrationslager Ravensbrück und schließlich in ein Außenlager im sächsischen Wolkenburg, wo sie Zwangsarbeit bei Siemens leisten musste.
Kurz vor Kriegsende wurde sie auf einem "Todesmarsch" nach Dachau von amerikanischen Truppen befreit. In Frankfurt lernte sie ihren späteren Ehemann Ignatz Mettbach aus Gießen kennen, der das KZ Buchenwald überlebt hatte.
Im Jahr 1999 erschienen unter dem Titel "Wer wird die nächste sein?" Anna Mettbachs Erinnerungen an die erlittene Verfolgung. Immer wieder berichtete sie vor Schulklassen und öffentlichen Veranstaltungen über das Erlebte.
Im August 2012 überreichte ihr der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier in der Staatskanzlei in Wiesbaden die vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Damit wurde ihr langjähriges Engagement für das historische Erinnern gewürdigt. Außerdem wurde Anna Mettbach mit der Hedwig-Burgheim-Medaille geehrt, der höchsten Auszeichnung ihrer langjährigen Heimatstadt Gießen.
Anna Mettbach hat an zahlreichen Veranstaltungen und Gedenkfahrten des Dokumentations- und Kulturzentrums sowie des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma als Zeitzeugin teilgenommen.
So sprach sie am 25. März 2003 bei der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in Leipzig. Bis zuletzt hat sie sich für die Belange ihrer Minderheit eingesetzt. Anna Mettbach verstarb am 23. November 2015 in Gießen.
Quelle: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma
Weitere Informationen:
www.zeitzeugen-portal.de
www.sintiundroma.org
Carola Senz
"Rooted"
Acryl auf Leinwand"
Das Christentum verleugnete lange Zeit seine Jüdischen Wurzeln und bereitete durch die Lehre der Ersatz- oder Substitutionstheologie den Boden für Hitlers Rassenwahn vor.
Luthers Sicht des Judentums und seine Schmähungen gegen Juden stehen nach unserem heutigen Verständnis im Widerspruch zum Glauben an einen Gott, der sich in dem Juden Jesus offenbart hat.
Die Geschichte, in der das Christentum seine jüdischen Wurzeln verschwieg, bzw. verleugnete, führte zu einer "Vergegnung" (Martin Buber) von Christen und Juden und schuf in der Gesellschaft den Boden für antisemitisches Gedankengut, dessen Auswirkungen leider bis in die heutige Zeit spürbar sind. Die Kirchen haben sich mittlerweile von der Substitutionstheologie getrennt und besinnen sich auf die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens.
Mein Fokus liegt darauf, Aufmerksamkeit für die jüdischen Ursprünge des Christentums zu wecken, die lange Zeit nicht beachtet bzw. verleugnet wurden. Im Bild ‚Rooted‘ kommt schon im Titel (wörtl. verwurzelt) zur Sprache, dass es um Verwurzelung geht.
Die Menorah, die bruchstückhaft zu erkennen ist, steht für das Judentum. Da die jüdischen Wurzeln des Christentums lange nicht beachtet wurden, habe ich die Menorah im Bild in den Vordergrund gerückt.
Im Hintergrund ist ein bekanntes biblisches Fragment zu sehen, welches für das Neue Testament steht:
Der P52 (Papyrus Nummer 52) ist der wohl älteste Beleg zum Neuen Testament aus dem Johannesevangelium und wird auf 100 - 125 n. Chr. datiert. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine der allerersten Abschriften des Johannesevangeliums. Auf der Vorderseite stehen Bruchstücke von Kapitel 18, Vers 31–33 und auf der Rückseite Vers 37 und 38. Das Fragment ist auf beiden Seiten in Griechisch beschrieben.
Das Bild betont stark die jüdischen Wurzeln des Christentums, die auch in folgenden Fakten zum Ausdruck kommen:
- Jesus war und blieb zeit seines Lebens Jude.
- Alles, was Jesus lehrte, ist ohne seinen jüdischen Hintergrund, die jüdische Kultur und Denkweise, nicht angemessen zu verstehen.
- Alle Autoren des Neuen Testamentes waren Juden.
Daniel Boyarin, einer der großen zeitgenössischen Talmudisten sagt. „ I am claimig the New Testament a Jewish book“.
Rooted II" - Die BIBEL
Diese Bibel zeigt das Alte und Neue Testament zweispaltig in Hebräisch und Deutsch. Sie wird von links nach rechts aufgeschlagen, also anders, als wir es gewohnt sind. Diese Umstellung beim Gebrauch kann zum Umdenken führen: Zur Besinnung auf das Fundament des Christentums, auf die jüdischen Wurzeln, ohne die das Christentum nicht zu denken und zu verstehen ist.
Diese Bibelausgabe beginnt mit den Büchern des dreiteiligen Tanach*, in der Reihenfolge der hebräischen Bibel. Die Texte des Alten Testaments der christlichen Bibel stimmen mit denen des Tanach überein. Ohne Bruch folgt dann der vierte Teil der Bibel, den die Christen „Neues Testament“ nennen.
Die Schrift, die im Hebräischen „Buch der Bündnisse“ ספר הבריתות heißt, wurde in nachchristlicher Zeit als die "Bibel" (Altes Testament) bezeichnet.
Herausgeber:
Bible Society Israel 2010, Jerusalem
Deutscher Bibeltext: Lutherbibel von 1984
Hebräischer Bibeltext im Alten Testament: Biblia Hebraica Stuttgartensia. Hebräischer Bibeltext im Neuen Testament: moderne hebräische Bibel von der Bibelgesellschaft Israel 2010, Jerusalem 2017.
DER TALLIT
Die Bibel wird hier auf einem ‚Tallit**, dem traditionellen Gebetsmantel der gläubigen Juden, präsentiert. Sie fußt im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Judentum.
Die israelische Flagge greift mit der Blau Weißen Farbgestaltung die Farben des Tallit auf; der Einband der Bibel ist ebenfalls in Blau gearbeitet (Leder).
Der Tallit steht hier für das Judentum, das mit seiner Tradition und seinen Schriften (Tanach*) die Wurzeln des Christentums bildet.
*Der Tanach, die Sammlung der heiligen Schriften des Judentums, besteht aus der Tora (Weisung), Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften). TNK ist das Akronym der Anfangsbuchstaben dieser Hauptteile (תנ״ך).
Das Alte Testament der Christen deckt sich größtenteils mit der hebräischen ‚Bibel‘, dem Tanach.
** Wesentlich für den Tallit sind die Zizijot (Plural von Zizit). Dies sind vier lange weiße Fäden, die 39-fach geknotet sind und als Schaufäden bezeichnet werden.
Anette Köhler
"Jeder Stein ein Leben"
- Installation bestehend aus 15 Rahmen, je 60 x 60 cm groß, mit 6 Punkt kleiner Schrift sind die 28.000 Namen der Opfer der NS-"Euthanasie" abgedruckt, zu denen im Bundesarchiv-Bestand R 179 Patientenakten vorliegen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde im Sinne der nationalsozialistischen Rassenhygiene die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ angeordnet. Betroffen hiervon waren körperlich und geistig behinderte Menschen. Im Rahmen dieser "Euthanasie" des NS-Regimes, wurden insgesamt 200.000 bis 300.000 Menschen getötet. Das Bundesarchiv hat eine Liste mit 28.000 dieser Opfer der NS-"Euthanasie", zu denen im Bundesarchiv-Bestand R 179 Patientenakten vorliegen, veröffentlicht.
Mit meinem Kunstwerk möchte ich, dass diese große Anzahl an Opfern zumindest annähernd "begreifbar" wird und dass sie nie vergessen werden.
Der Titel bezieht sich auf eine Installationsvariante mit 30.147 Kieselsteinen, davon 20.000 mit den Vornamen der Opfer beschriftet (zu sehen in der ständigen Ausstellung) im Psychiatriemuseum - "Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie", Gießen)
Da ich selbst schwerbehindert bin (Tetraspastik), wäre ich wahrscheinlich auch unter den Opfern gewesen. Ferner möchte ich auch zum Nachdenken anregen, was gerade wieder in unserer Gesellschaft passiert (Antisemitismus, Rassendiskriminierung, Ausgrenzung von Minderheiten etc. )."
Karl-Heinz Hartmann
"Fragmente einer unendlichen Geschichte"
Entmenschlichung – von Despoten erdachte Ideologien werden zum Dogma, zwingt Menschen dazu Tötungsmaschinen und gleichzeitig Schlachtopfer zu sein … jetzt und immerdar!
Gemalt habe ich die beiden äußeren Bilder im Sommer 1985 unter dem Eindruck eines Manöverunfalls, an dessen Folgen ein unbeteiligter Freund und Künstlerkollege starb. Ende 1985 vernichtete ich die großformatigen Arbeiten und hob nur jeweils das obere Drittel als Erinnerungsfragment auf.
Im Frühjahr 2020 entdeckte ich in einer Kiste mit alten Lappen diese Fragmente wieder, klebte sie auf eine Leinwand und überarbeitete sie grob. Meine Eindrücke von 1985 kehrten wieder und ich beschriftete die beiden Bilder auf Vorder- und Rückseite und nannte sie „Renaissance der alten Lumpen“.
Besonders eindringlich und hochaktuell erscheint mir ein Zitat aus der Dankesrede von Armartya Sen, der am 18. Oktober 2020 in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen bekam: „Heute ist gesellschaftlich kaum etwas dringlicher geboten als globaler Widerstand gegen den zunehmenden Autoritarismus überall auf der Welt!“ - Wie wahr!
Das Bild „Kopfstand“, das zwischen den „alten Lumpen“ hängt, entstand im Mai 2022.
Kein Kommentar dazu!
Detailaufnahmen der Texte:
Angelika Nette
"Nachtrag"
Installation: RUHE-LAGER, Feldbett, weiße Laken, weiße Lilien, Mohnkapseln, ERINNERUNGS-KÄSTEN: Relikt-Kasten
Die Würde ist ein unverletzliches und unveräusserliches Recht jedes Menschen. Sie gilt für das Leben von Anfang an, für das Sterben, im Tod und darüber hinaus. Unterschiedliche Bestattungsrituale der verschiedenen Kulturen wollen alle die verstorbenen Menschen liebevoll verabschieden.
Die Verwendung von Leichen- Tüchern war schon in alt- ägyptischer Zeit üblich, ebenso in der jüdischen, christlichen und islamischen Kultur.
Die weiße Lilie gilt als Totenblume. Ihre spirituelle Bedeutung ist Licht, Erlösung, Hoffnung und Liebe über den Tod hinaus. Mohn - eine Pflanze zwischen Traum und Tod - ist ein Symbol für Schlaf, tröstliches Vergessen, sanfter Tod. Aber so viele Menschen erfahren am Ende ihres Lebens Gewalt, Verletzung, Missachtung.
Diesen Menschen möchte ich eine nachgetragene Ehrerbietung geben, verlorene Erinnerungen zurück holen, ein vergessenes Gedächtnis zurück geben. Die Toten leben im individuellen und kollektiven Gedächtnis fort.
"Hausaufgaben"
Zwei Tafeln auf Notenständer, beschriftet
"Alle Menschen sind frei.."
"Jeder hat das Recht..."
Mit der Erklärung der Menschenrechte wollte die
Weltgemeinschaft1948 einen umfassenden Schutz
für alle Menschen schaffen.
Bilanz : Die Hausaufgaben sind noch immer nicht gemacht .
"o. T."
Käfig, beschriftetes Papier, Steine, Filz
Freiheit der Meinungsäußerung
und Informationsfreiheit -
Menschen riskieren dafür Freiheit
und Leben.
"In Stein zu meißeln"
Marmor beschriftet, geritzt
Alle Menschen überall
sollten ein Leben in Würde
leben können.
"Blick in die Welt"
Installation - Holzgestell, Objekte mixed media, Fotografie
Frauen Leben Freiheit!
Frauenrechte sind Menschenrechte!
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form
von Diskriminierung von Frauen wurde 1979
von der UN Generalversammlung verabschiedet
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